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geschrieben vom einzigartigen renzo

 

buck65 - talkin ' honky blues  

 

 

 

Buck65 - Talkin' Honky Blues (Warner Canada, 2003)

 

"Talkin' Honky Blues" ist wieder einmal ein Release, das mich ganz hart getroffen hat. Vor diesem Release war Buck65 für mich einfach einer von vielen Namen, die im Independent HipHop umherschwirrten. Ich konnte an den früheren Releases auch nicht viel finden, das mich wirklich daran festhielt. Mit dem Release von "Square" (auch auf Vinyl erhältlich) begann Buck65 sich langsam aber sicher in meinen Kopf zu spielen. Zum neuen Album "Talkin' Honky Blues" gibt es eigentlich nur etwas Negatives zu sagen, und das wäre, dass dieses Release bis zu diesem Zeitpunkt nur auf CD erhältlich ist. Ob und wann eine Vinylversion folgt ist noch unklar. Warten und hoffen.

Das Album packt mich sowohl in lyrischer als auch musikalischer Hinsicht. Tut mir leid, aber ich muss den Bezug zu Sage Francis doch noch herstellen, weil sich die beiden Personen bezüglich ihrer Musik und Ideen sehr nahe kommen. In lyrischer Hinsicht steht Buck65 Sage Francis nicht in viel nach (wenn überhaupt), und musikalisch übertrifft Buck65 Sage in meinen Augen sogar bei Weitem. Wo bei Sage Francis das musikalische Element so weit in den Hintergrund tritt und dabei Platz macht für die lyrischen Ergüsse eines wortgewandten Sage, halten sich bei Buck65 diese beiden Elemente die Waage. Auf diesem Album ist wirklich jeder Track ein Ausdruck von Buck65's Genialität.

Wer meine Reviews liest, wird schnell realisieren, dass mein Hauptaugenmerk auf die Lyrics gerichtet ist. Es fällt mir eindeutig schwerer über die Musik an und für sich zu schreiben. Wie kann ich beschreiben, was ein Lied in mir bewirkt? An Worten kann ich etwas festmachen oder ich versuche es wenigstens.

"Talkin' Honky Blues" enthält gitarrenlastige Samples (wie das schon im Albumtitel einigermassen impliziert ist, wenn man sich für Honky-Tonk interessiert). Banjos, Slide Guitars, Steel Giutars, akustische wie auch E-Gitarren sind vertreten. Man kann einen sehr grossen Einfluss aus der Country oder Westernkultur spüren, und meines Wissens nach ist Buck65 auch ein bekennender Fan und Verehrer von Johnny Cash, was dann auch einiges hinsichtlich der Samplewahl erklären würde. Ebenfalls teilen die beiden dieselbe Liebe zur Kunst des Storytellings. "Driving with a yellow dog, I-95, he's got a smile on his face and big shiny eyes, up at a decent hour, never ate yet, got a little Johnny Cash in the old tape deck". Die Thematik, die Buck65 verfolgt, behandelt die ganz alltägliche Freuden, Sorgen und Ängste des kleinen Manns gespickt mit Metaphern, die nicht immer auf den ersten Blick oder das erste Hören sicht- oder hörbar werden, z.B. im Track "Craftsmanship" wird Buck65's Arbeitsgerät - eine Schuhbürste - zu einer Metapher für jegliche (Handwerks-)Kunst, die der Mensch ausübt. Die vorherrschende Stimmung auf dem Album ist eher reflexiver Art, was aber nicht heissen soll, dass die Stücke von erdrückender oder depressiver Natur sind, sondern einfach, dass die Scheibe voll von Emotionen ist. Die Ehrlichkeit in gewissen Texten fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht, und doch kann man sich in diesen Situationen immer wieder selbst entdecken. So in "Tired Out", wo Buck65 scharf mit sich selbst ins Gericht geht, weil er seine Ex-Freundin betrogen hat: "I was strangled by guilt, my heart in a glass bowl, stone in my throat, I acted like an asshole, sick to my stomach, knowing I should burn in bed, mad at myself, I took it out on her instead".

Dieser reflexiven Stimmung stellt sich eine unglaubliche Mischung aus Beklemmung und Leichtigkeit entgegen, z.B. wenn sich Buck65 wiefolgt äussert: "I have no plans and nothing to prove either, I eat out of a bag and sleep in a movie theatre, the highway's a storyteller, I just write it down, already been beaten, there's no way to fight it now, I just kick back and keep warm on the cold days, and laugh cause it ain't like it was in the old days, I figure when I make it to the Heavenly Gates, they'll be working on my car and playing 78s". Am extremsten spürbar wird dies in Riverbed part 1: "Navigating side-walks, dry docks and back alleys, always in and out of elevators and hallways, I'm out for a walk and following the human currents, I'm in no hurry, I need no reassurance, curfews and perfumes, excuses and costumes, customs, corrections, fuss or directions, even the leaves have taken on lives, deprived of their privacy, purpose and property, probably runaways, they play catch with stray cats that stay at the girl's school, the city's a whirlpool, there's too much going on, too much garbage, too much to chose from, too much carnage, there's not enough quite to think straight, it's not a stunt, maybe i will make my way back to the waterfront, this is where the people are slightly unsavoury, with no time, possessions, labor or slavery, neighbors without names neglected and hip-checked, stripped down to nothing, fallen and ship-wrecked, completely uncalled for, way out of line, stranded, branded, weathered and abandoned, these are the counter clockwise, the despised with swollen noses and tears in their eyes, they sleepwalk full of that cheap wine and cheap talk, everything gets washed away here at the pier, the best you can do is to play it by ear, wishes sink to the bottom and doubts float, I'm afraid of the water and I live in this houseboat". Die Kunst sich auszudrücken, wurde Buck65 offensichtlich in die Wiege gelegt, und durch ständiges Üben, hat er sie fast zur Perfektion gebracht.

Dass es zwischen Liebe und Hass, Glücklichsein und Verderben nur einen schmalen Grat gibt, wird in "Sore" aufgezeigt: "From storm clouds come angels. Let pain give you pleasure. From dirt roads grow flowers when pain can't be measured." Einer meiner Favoriten auf "Talkin' Honky Blues" ist "Roses and Blue Jays". Das arttypische der Amerikanischen Gesellschaft lässt sich ganz vereinfacht in Eyedea's Worten als: "Make money and die, that's the American way", oder auch als das weit verbreitete "Vom Tellerwäscher zum Millionär" beschreiben. Ob die Kanadier "Roses and Blue Jays" ähnlich gebrauchen, weiss ich nicht sicher, aber für mich beschreibt dieser Titel das Leben der Kanadier, das sich, wie man in Bowling For Columbine sehen kann, doch sehr stark vom amerikanischen Lebensstil unterscheidet. Es lässt mich in Ansätzen Familien in kleinen, gemütlichen Vorstädten erkennen, idyllisch und malerisch. Was mich fasziniert, ist die Art wie Buck65 ein Thema behandelt, z.B. in "50 Gallon Drum", wo er sich fragt, was wünschenswert ist: "My idea of heaven: I enjoy the fixing of a flat tire, I like heart made of garbage, where pain is good for you, I want everthing made easy for me, fast ain't always better than slow, you know, a homerun every time would get boring after a while, I hope I never forget how to bleed! [...] Perfection is a place where there's two milkshakes for one on Tuesdays, it's where you can pay for a room with your good looks, the ball parks are always busy and the umps always make the right call. Every Day is Helloween...". Ist es Sarkasmus, Ironie oder Ernst? Nicht immer lässt sich eine klare Grenze ziehen. Buck65 gibt sich hier als einer, der zu der Sorte Mensch gehört, die sich über Kleinigkeiten freuen. Auch sagt er, dass es früher besser war, aber wer tut das nicht: "I don't know what's wrong with the youth of today, wandering lost, it's true what they say, and who is to blame? TV and magazines, they would have you believe that every day is halloween. Why, when I was a kid, playing in the ditches, living in fear of Satan and the witches, the whole world was made of wood and smelled like gasoline, the days were at least twice as long and the grass was green". Etwas Unbestimmtes hält mich an seinen Texten fest, ich kann es meistens gar nicht in Worte fassen oder erklären, was ich glaube, dass Buck65 mit dieser und jener Aussage meint. Wenn es sich um einen Film handeln würde, beschriebe ich das Phänomen als ein auf mich einprasselnder Bilderregen. Das spährische Element, das sonst häufig auf der musikalischen Seite zu finden ist (siehe The Grouch, King Koncepts, etc.), drängt sich bei Buck65 auch auf die Seite des lyrischen Ausdrucks. Beklemmung, Befreiung, Schmerz, Liebe, Erfolg, Niederlage, Ambiguität und Mehrdeutigkeit; all diese Zutaten machen die Essenz dieses Albums aus.

 

Die Lyrics zum Album gibts hier. (Rechtsklicken und "Ziel speichern unter" drücken)

   
 

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1. Leftfielder
2. Wicked And Weird
3. Riverbed 1
4. Sore
5. Protest
6. Riverbed 2
7. Exes
8. Roses And Bluejays
9. Riverbed 3

10. 50 Gallon Drum
11. Riverbed 4
12. 463
13. Riverbed 5
14. Killed By A Horse
15. Riverbed 6
16. Tired Out
17. Craftmanship
18. Riverbed 7
 

 
 
         

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